Ein weiterer Roman mit der Figur Franz Stock

In einem weiteren französischsprachigen Roman 2019 05 18 STOCK ROMAN„Excusez-nous Mesdames“ taucht Franz Stock als Romanfigur auf. Hier eine Rezession zum Buch von unserem Vorstandsmitglied Meinolf Schwens:

Helga Walbaum und das Schicksal von ihr und ihren Eltern stehen im Mittelpunkt eines biographischen Romans, der im Mai dieses Jahres in Frankreich unter dem Titel „Excusez-nous Mesdames“ * („Entschuldigen Sie uns, meine Damen“) erschienen ist. Autor des Romans ist Richard Pilloy, ein Pariser mit Frau Walbaum seit langem befreundeter Nachbar, dem sie ihre bewegte und überaus bewegende Familiengeschichte anvertraut hat.

Es ist ein Zeitzeugenbericht einer deutsch-französischen und bis heute in Paris lebenden Frau, die trotz ihrer katholischen Konfession mit ihren Eltern auf Grund der Nürnberger Rassengesetze aus Nazi-Deutschland emigrieren musste. Die getaufte und praktizierende Katholikin war erst durch die Nationalsozialisten, bei denen „die Rasse und nicht mehr die Religion zählte“ (H. Walbaum), zur Jüdin und damit zu einer verfolgten Emigrantin geworden. Insbesondere auch mit Hilfe des Priesters Franz Stock, der ihren wegen seiner jüdischen Vorfahren verfolgten Vater aus der Gestapo-Haft befreite und seine Deportation in ein Konzentrationslager und damit seine Ermordung verhinderte, überlebte sie mit ihren beiden Eltern die Schrecknisse der Besetzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland.

So verwebt der Roman erzählerisch das Schicksal der Familie Walbaum mit dem von Franz Stock, mit dem sich die Familie bei ihrer Übersiedlung nach Frankreich im Juni 1938 anfreundete. Man feierte zusammen Weihnachten und verbrachte gemeinsame Ferien in der Bretagne. Auch diese biographischen Schilderungen aus dem Leben Franz Stocks fließen in den Roman mit ein. Dabei bezieht sich Pilloy sowohl auf Erinnerungen und Erzählungen Frau Walbaums an und über Franz Stock als auch die große Biographie von Raymond Loonbeek.

Die Person von Franz Stock und sein Wirken werden von Pilloy mit Empathie und Bewunderung beschrieben. Mit fiktiven Dialogen zwischen Stock und Zeitgenossen sowie Verurteilten versucht Pilloy, seine eigenen sehr persönlichen Gedanken über Tod, Erinnerung, Frieden und Vergebung dem Leser nahezu¬bringen. Und auch hier wird die Rolle von Franz Stock als Vorreiter und -denker der deutsch-französischen Versöhnung wieder gebührend gewürdigt.

Das Buch hat den großen Verdienst, diese einzigartigen Biographien von Helga Walbaum und ihrer Familie sowie von Franz Stock, die eng verwoben sind, auf eine sehr persönliche Art zu beschreiben. Es ist ungemein wichtig, die persönlichen Schicksale der letzten lebenden Zeitzeugen wie Frau Walbaum für unsere nachwachsende Generation erleb- und lesbar zu machen. Hier schreibt der Romancier, nicht der Historiker. Unbedingte Authentizität ist nicht angestrebt. Es ist ein weiterer gelungener Versuch, sich mit der Person von Franz Stock und seinem Denken und Wirken als deutscher Priester in Frankreich während der Besatzungszeit und danach auseinanderzusetzen. Genau dazu fordert das Buch den Leser auf.

* Excusez nous, Mesdames Roman von Richard Pilloy, 134 S., Collection Rue des Ecoles/Littérature, Ed.L’Harmattan Paris 2019 ISBN 978-2-343-17003-9