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Ansprache Stocks zum 2. Jahrestag der Seminargründung

Franz Stock bei einer Ansprache im Lager"... Nun möchte ich mich an Euch, meine lieben Theologen, wenden und Euch bitten, folgendes als ein Programm anzusehen. Denn Ihr wisst, ebenso wie ich, dass in der Krisis der Strukturen, in welcher der abendländische Mensch heute steht, der Theologe und junge Priester, anders als bisher, gerade und offen, den Fragen unserer Zeit gegenübertritt, mit klarem Geist, weitem Herzen, mitten im Brennpunkt oder Achsenschnitt stehend, Gefahren aufweckend, Wunden heilend, um das Erlösende und Tröstende den Suchenden und Verzweifelnden näherzubringen.

Es ist eine andere Welt geworden, und Ihr werdet erschrecken angesichts der Erschütterungen, die dieser Krieg in den Menschenseelen und Gehirnen daheim bewirkt hat. Da soll sich bald bewähren, ob die behutsame Einsamkeit des Seminars Euch nicht die Welt entrückt hat, sondern auch so formte, daß jugendlicher Elan und Optimismus nicht nach kurzer Zeit schon zerschellt, zerbrochen am Boden liegt. Da wird es sich zeigen, ob wir es in den Jahren ernst gemeint haben und ob es das Rechte war.

Wenn ein Erdbeben über eine Stadt kommt, fallen die Kirchtürme mit den Hallen und Häusern. Wenn eine wirtschaftliche und soziale Krise die Welt erschüttert, bleiben davon die Einrichtungen und das Leben der Kirche nicht verschont, die ja außerhalb der allgemeinen Geschichte sich nicht halten kann.

Je tiefer die Krise, je mehr die Fundamentalwerte der menschlichen Existenz aufgewühlt wurden, um so stärker rüttelt sie auch am Korpus der Kirche. Und heute ist vieles am Zergehen, am Bersten, nichts Festes und Sicheres ringsum. Die alt hergebrachten Meinungen, Werte seligen Angedenkens, schwinden dahin und die bizarrsten Hypothesen finden Glauben.

Unter diesen Bedingungen wäre es seltsam, daß die inkarnierte und menschliche Kirche eine Oase der Ruhe am Rande der allgemeinen Auflösung bliebe.

Wenn das, was ihr göttlich und ewig ist, unveränderlich bleibt, so sieht man das, was an ihr menschlich ist, hinweggerissen wie in dem rasenden spanischen Tanz der Sarabande.

Die moderne Zivilisation, vorwärts getrieben vom technischen Fortschritt, der in 150 Jahren das soziale Leben umgeworfen hat, entwickelt sich in starrkrampfartiger Geschwindigkeit. Eine neue Kultur bricht sich Bahn, die vorerst sich noch unter dem Zeichen einer mechanisierten Barbarei vorstellt. Die Menschheit an der Wegscheide kann sich in der Richtung vertun und den menschlichen Termitenhaufen oder den atomischen Selbstmord wählen anstatt den wahren Fortschritt, der darin besteht, durch den Geist die Errungenschaften der Wissenschaft und Technik zu beherrschen, damit sie im Dienste der Menschheit stehen. In diesem Neomittelalter kann die Kirche die Rolle spielen, die sie an der Schwelle des große Mittelalters spielte: Als Botin des Übernatürlichen kann sie die Natur retten; als Beauftragte Gottes dem Menschen befreien.

Unsere Zeit ist des Individualismus müde, tendiert zu Gemeinschaftsformen hin. Aber sie sucht sie da, wo sie nicht gedeihen können: In der Partei und im Staate. Die Kirche muß ihr das ideale Modell der Gemeinschaft vorhalten, da sie ja ihre irdischen Gemeinschaften auf der Teilnahme an der höchsten Gemeinschaft, des Korpus Christi Mystikum, gründet.

Unsere Zeit spricht immer von Massen und wir wissen, daß die Massen von heute weiter vom Christentum weg sind als die Heiden der fernen Länder. Die Zeit der großen Verfolgungen kann wieder heraufbrechen, wo die Christen als Feinde der Menschheit schlechthin erklärt werden. Und die Nähe des Heidentums fordert von uns neue wirksame Methoden. Die Möglichkeit des Martyriums fordert ein Zurück zu den Quellen, zum Geist der Zeit, wo das Blut der Märtyrer sich täglich mit dem Wein der Eucharistie vermischte. In einer verheidnischen Zeit wird die Kirche wieder Missionarin. Die Mission drückt sich nicht nur durch Methoden aus, sondern durch den Geist, der den ganzen Klerus und das gläubige Volk umfassen muß.

Hypnotisiert von der Existenz dieser Massen scheinen gewisse glauben zu müssen, daß das Ideal des modernen Christen darin besteht, in der Masse unterzugehen, wie der Regentropfen sich im Ozean verliert. Selbst in der Masse muß der Christ auffallen, anstoßen, zum Spektakel werden, denn gerade mit diesem skandalösen Schock beginnt das Apostolat. Und dieses Christentum muß männlich sein, ein Christentum, das präsentiert, das Stellung nimmt, das verpflichtet, ein Christentum, das wie Leuchtfeuer die Finsternis aufhellt, ein stählernes Christentum für ein Jahrhundert von Eisen, ein Christentum, das lodert in unserer Zeit der Atomenergie. Unsere Zeit ist aktvistisch, gereizt, ist erotisch, vertauscht das Geistige mit dem Zeitlichen. Unsere Zeit sieht den Triumph des Hasses, ist anarchistisch, revolutionär, katastrophisch, reiht Ruinen an Ruinen in den Städten wie in den Seelen.

Unsere Zeit gespalten, in Nationalismen aufgelöst, die so lächerlich sind wie das alte Bekleidungsstück eines Zuaven.

So hat unsere Zeit zwei Pole, der eine zieht uns zur Apostasie hin, der andere zur Heiligkeit, der eine Stößt die Kirche zurück, der andere zieht sie an. Es kommt darauf an, Kind unserer Zeit zu sein, die Kirche und die moderne Welt zusammenzubringen.

Die von Gott gewollte Zahl Heiliger genügt, eine Zeit zu retten. Heilige, die sich selbst dieser Berufung verschreiben und die in Tugenden die Wirksamkeiten unserer Zeit verwandeln. Heilige, die, wenn sie auf die Liebe der Menschen verzichten, wissen, auf was sie verzichten, die durch das Schau- und Beispiel ihres Lebens den Weg der menschlichen Ordnung leben. Heilige, die keine Angst vor Katastrophen noch Revolutionen haben, die aber jede Gelegenheit benutzen und ihr ganzes Sein auf das zweite Kommen des Erlösers ausrichten. Heilige, die die Anhänglichkeit an ihr Vaterland mit der Liebe zur Menschheit in Einklang bringen, über die Grenzen der Nationen, Reiche, Rassen und Klassen.

Es ist die Vorsehung, die uns diesen Anruf zur Heiligkeit entgegenschleudert durch die Stimme der Geschichte, und wir müssen ihn hören, um der Welt die Botschaft von Freiheit und Frieden, Heil und Liebe zu bringen..."

(Franz Stock, 26.04.1947, im sog. Stacheldrahtseminar von Chartres)

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