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Pietà

Franz Stock hat dieses Gemälde 1946, wie die Signatur mit Jahreszahl rechts unten ausweist, im „Priesterseminar hinter Stacheldraht" („Séminaire des barbelés") in Le Coudray, südlich an Chartres angrenzend, gemalt. Er war, selbst Kriegsgefangener, von 1945 bis zur Auflösung des Gefangenenlagers im Juni 1947 Regens (Leiter) dieses Seminars. Das Original (Öl auf Leinwand, 88 x 141 cm) hängt in der Kirche St. Johannes Baptist im Arnsberger Stadtteil Neheim, und zwar als Mittelteil einer Kreuzesstele in der ehemaligen Taufkapelle, die im Jahre 2008 als Ort des Gedenkens an Franz Stock und Stätte des Gebetes eingerichtet worden ist. Franz Stock wurde 1904 in Neheim geboren und in St. Johannes getauft. In dieser Kirche empfing er auch die Sakramente der Erstkommunion und der Firmung. Hier feierte er zudem im Jahre 1932 seine Primiz.

Pietà

Häufig kennt man das Pietà-Motiv in der Kunst als Darstellung der Schmerzensmutter mit ihrem toten Sohn auf den Knien. Franz Stock hat sein Gemälde des biblischen Geschehens, d.h. des Leids und des Leidens, nicht in einer isolierten Umgrenzung gestaltet, sondern in eine konkrete Situation der Gegenwart hineinversetzt. Das Gemälde zeigt, von den Rändern her betrachtet, wesentliche Elemente des „Stacheldrahtseminars" in Le Coudray: Es sind Wachttürme, Zeltunterkünfte und Zäune des Gefangenenlagers zu sehen. Am linken Bildrand entdeckt man die Seminarhalle und rechts im Hintergrund die Silhouette der Kathedrale von Chartres. Davor hat Franz Stock einige der rund 20 kriegsgefangenen Seminaristen aus seiner Heimatdiözese Paderborn gruppiert, deren Namen und Lebensläufe weitgehend bekannt sind. Dies alles verleiht dem Gemälde eine sehr realistische Ebene der Darstellung und Aussage.

Mitten in die Szenerie des Stacheldrahtseminars hinein hat Franz Stock vor dem Kreuzespfahl die bekannte Darstellung der Pietà gesetzt: der tote Christus liegt auf den Knien seiner Mutter, ein wenig gestützt durch den Arm des Apostels Johannes (augenscheinlich ein Selbstbildnis Stocks). Offensichtlich hat Franz Stock durch die Komposition der realen Szenerie mit der Kreuzabnahme seine traumatischen Erlebnisse der tausendfachen Erschießungen der von der Wehrmachtsgerichtsbarkeit in den Jahren 1940 bis 1944 Verurteilten auf dem Mont Valérien bei Paris zum Ausdruck gebracht. Er begleitete als Seelsorger der Gefängnisse in Paris nach eigenen Angaben etwa 2.000 Verurteilte bis zum Erschießungspfahl, wobei er diese Menschen unterschiedslos bis zum bitteren Ende als Ebenbilder Gottes gewürdigt hat. Da dieser Erschießungspfahl, hier in die Mitte des Bildes gesetzt, in Stocks Augen zum Kreuz seines Jahrhunderts der Weltkriege geworden ist, sind daran nach seinem christlichen Verständnis nicht irgendwelche Menschen erschossen worden, sondern vieltausendmal Christus, Gottes Sohn, den die Umstehenden hier betrauern. Da in der Realität des Stacheldrahtseminars zwar Leid und Leiden nicht zu übersehen waren, jedoch niemand dort durch Gewalt zu Tode gekommen ist, gewinnt die von Stock gewählte Bildkomposition einen Zug zum Surrealen, ohne allerdings das Zentrum des christlichen Glaubens dadurch zu verlieren.

Wenn wir als Fundament des christlichen Glaubens den Erlösungstod Christi sehen, ausgedrückt in seinen Worten „Es ist vollbracht", so weist uns Franz Stock mit seinem Gemälde geradezu überdeutlich auf den Kern der Botschaft Christi hin: Alle Blicke der Männer sind auf den toten Christus gerichtet, ernst und wach, nicht leidend, sondern eher voller Hoffnung und Zuversicht. Das gab Franz Stock in seinem Gemälde nicht allein seinen Seminaristen mit auf den Weg, sondern allen Betrachtern seines Werkes.

Es ist bekannt, dass die französischen Behörden und die dortigen kirchlichen Autoritäten nach dem Ende des 2. Weltkrieges die Einrichtung des Stacheldrahtseminars als eine Maßnahme zur geistigen und politischen Erneuerung Deutschlands angesehen haben, was Franz Stock und die Seminaristen auch so verstanden haben und mittrugen. Stock drückt in diesem Sinne mit seinem Gemälde „Pietà" aus, dass als Grundlage eines erneuerten Europas der christliche Glaube und die Versöhnung der Menschen in Christus als unabdingbar anzusehen sind. Das Bild fordert letztlich den Betrachter dazu auf, sich stets aktiv gegen das Böse in der Welt, gegen Hass und Gewalt, gegen Feindschaft, Verachtung, Verfolgung und Vernichtung zu stemmen.

Birgit Kleymann, Paderborn
Horst Leise, Arnsberg

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